Zusammen mit dem Fernsehjournalisten Ulrich Wickert gründete ich 1977 den »Arbeitskreis Medien«. In der Wahlnacht 1976 verabredeten wir uns zu dieser Runde, um dem ständigen Gerede über die einseitige und unzulängliche Berichterstattung durch die Medien eine positive Wendung zu geben, soweit es in unseren Kräften stand. Bei regelmäßigen Treffen zu medienkritischen Themen kam es unter anderem zu Begegnungen mit den Gästen Egon Bahr, Johannes Rau, Peter Glotz, Günter Gaus, Volker Hauff, Hans-Jürgen Wischnewski, Franz Steinkühler, Oskar Negt, Hans-Ulrich Klose, Björn Engholm und dem BKA-Präsidenten Horst Herold. Eine gezielte Attacke der CSU, der Arbeitskreis sei in Wahrheit nur eine medienpolitische Tarnorganisation der SPD mit mir als Drahtzieher im Hintergrund, hätte den Kreis fast gesprengt.
Eines der erklärten Ziele des Arbeitskreises war die Stärkung des stets gefährdeten öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems. Schon sehr bald zeichnete sich ab, dass auf die Einführung der Kommerzsender, die von Unionspolitikern nach Kräften gefördert wurde, unter dem zu erwartenden Quotendruck ganz automatisch eine Niveauabsenkung folgen würde. Die Kommerzialisierung aller Programmbereiche konnte kaum zu der anfangs verheißenen paradiesischen Informationsvielfalt führen, sondern musste viel eher mit einer Verarmung der Angebote enden, soweit man überhaupt noch inhaltliche Ansprüche stellen wollte.
In einem Gespräch mit dem Spiegel hat Helmut Thoma, immerhin als RTL-Chef lange Zeit Leiter eines der größten TV-Sender, schon früh freimütig bekannt, die Aufgabe des Fernsehens sei nicht Journalismus, sondern Unterhaltung, »nicht Aufklärung, sondern Zerstreuung« (Der Spiegel, 23.8.1993). Das Anspruchsniveau des werberelevanten Publikums der 14 bis 49jährigen wird offenbar bei Null eingeschätzt auf der nach unten offenen Verblödungsskala.
Denn die bei Einführung des Privatfernsehens aufgezwungenen niveauvollen »Fensterprogramme« möchte man lieber heute als morgen wieder loswerden. Sendungen, die die Menschenwürde auf besonders perfide Weise missachten – wie »Big Brother« im Kommerzsender RTL II – waren von Beginn an voraussehbar, wurden jedenfalls von den Befürwortern des dualen Systems immer billigend in Kauf genommen.
Vor diesem Hintergrund ist der ständige Kampf der Unionsparteien gegen die öffentlich rechtlichen Sender einer der Dauerskandale der Republik. Mit dem Mainzer Medienkongress seiner Partei 1985 stand für Helmut Kohl die Marschrichtung fest: das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem als »letztes Stück Zwangsbewirtschaftung« abzuschaffen. Seitdem hat es immer neue Versuche gegeben mal aus Bayern, mal aus Sachsen diesem Ziel näherzukommen. Das geschieht meist auf dem Wege der Erpressung, wenn wieder einmal eine Gebührenerhöhung notwendig wurde. Und da die CDU/CSU-Vertreter dank eines famosen Proporzsystems in allen Gremien und Redaktionen sitzen, können sie die Rundfunkfreiheit gleichzeitig von innen und außen aushöhlen.
Neben zahlreichen internen Treffen gab es auch einige öffentliche Veranstaltungen des Arbeitskreises Medien. So während der Frankfurter Buchmesse im Oktober 1978 und 1979 mit Axel Eggebrecht, Freimut Duve und Martin Walser, um den zum wiederholten Male in seiner Existenz gefährdeten Norddeutschen Rundfunk zu unterstützen. Anläßlich dieser Diskussion wurden die folgenden »Fünf Thesen zur Rundfunkfreiheit« formuliert, die weiter ihre Gültigkeit haben. Die Lage hat sich eher noch verschärft.
Um unsere medienpolitischen Vorstellungen ganz praktisch ins Volk zu tragen, verabredeten wir uns für einige Zeit zu einem »Wanderzirkus«. Mit einem bunten Informationsprogramm starteten wir in einer Turnhalle im bayrischen Meitingen-Herbertshofen. Gerhard Polt und Luise Rinser waren neben vielen anderen beteiligt, die alle wie immer auf eigene Kosten in unseren Veranstaltungen auftraten.