Bernhard Schlink: Warum ich wieder SPD wählen werde

Bernhard Schlink. Foto Klaus Staeck

Nicht damit sie eine rot-rot-grüne Koalition führt – dazu wird’s nicht langen, und wenn es doch dazu langen sollte, wird sie sich nicht trauen. Nicht damit sie wieder in einer großen Koalition unter der CDU arbeitet – das hat ihr nicht gut getan und wird ihr nicht gut tun. Nicht damit sie sich in der Opposition regeneriert – sie wird sich in der Opposition nicht regenerieren, sondern sie nur Scheiße finden.
Ich werde wieder SPD wählen, weil ich Mitglied der SPD bin und nicht Mitglied bleiben und die SPD nicht wählen kann. Warum ich Mitglied der SPD bleibe? Nicht einfach weil ich es seit bald 50 Jahren bin. Vielmehr weil sie meine Partei bleibt. Die Partei der Solidarität, des Einstehens füreinander, der Verantwortung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Die Partei der sozialen Gerechtigkeit, ob soziale Gerechtigkeit als Schlagwort Konjunktur hat oder nicht. Die SPD ist in ihrem Einsatz nicht immer überzeugend und nicht immer geschickt. Aber sie ist redlich. Ich weiß, dass es auch unter ihren Politikern Opportunisten und Karrieristen gibt – ich lebe in Berlin und erlebe die Berliner Politik. Aber die Politiker, denen ich begegnet bin, waren es allermeist nicht – und die Mitglieder schon gar nicht.
Die SPD bleibt für mich die Partei derer, die guten Willens sind.

Beitrag von Bernhard Schlink für „Aktion für mehr Demokratie“

28.11.2017
Zwei plus fünf
Ein Vorschlag zur Diskussion von Bernhard Schlink und Klaus Staeck

Martin Schulz hat sich am Wahlabend gegen sie ausgesprochen, der Parteivorstand hat sich nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierung gegen sie entschieden, die Jusos wollen sie nicht, und die Basis der SPD will sie auch nicht. Die Fortsetzung der großen Koalition schadet der SPD.

Aber es scheint, als bleibe nur noch sie. Merkel wollte sie von Anfang an und nahm die Flucht der FDP aus der Sondierung in Kauf. Die SPD sieht sich in der Verantwortung für die Stabilität in Deutschland und Europa. Muss sie die große Koalition fortsetzen, auch wenn es ihr schadet?
Es geht anders. Die SPD kann ihrer Verantwortung genügen und zugleich die Zäsur setzen, ohne die es mit ihr weiter abwärts geht. Keine Fortsetzung der großen Koalition für weitere vier Jahre. Stattdessen ihre Vereinbarung auf zwei Jahre mit fünf zentralen sozialdemokratischen Zielen. Danach entscheiden die Wähler und Wählerinnen, wie die gegenwärtigen Mehrheitsverhältnisse in tragfähigere Mehrheitsverhältnisse überführt werden.

Zwei plus fünf – nicht vier weitere Jahre wie gehabt, sondern zwei Jahre, in denen fünf zentrale sozialdemokratische Ziele zu erreichen sind. Jetzt nicht abwarten, was Merkel anbietet, nicht vorfühlen, was sie akzeptiert, keine Sondierungen und Koalitionsgesprächen mit dem bunten Strauß von Zielen und Wünschen, der schon im Wahlkampf verwirrte statt überzeugte. Sondern mit fünf zentralen sozialdemokratischen Zielen ein klares Profil. Zwei Jahre – damit wären Neuwahlen und eine Minderheitsregierung vom Tisch und damit genügtdie SPD ihrer Verantwortung für Stabilität. Fünf Ziele – damit gewinnt die SPD wieder das Profil, das die Jusos, die Parteibasis und die Wähler und Wählerinnen vermissen und das die SPD braucht.

Welche fünf Ziele?
Die Bürgerversicherung, eine Bildungsoffensive, ein Einwanderungsgesetz, eine Steuerreform und mit Macron Europa gestalten. Wenn nicht diese fünf, dann andere – darüber, welche sozialdemokratischen Ziele jetzt zentral sind, sollten wir in der SPD diskutieren. Nicht über die Fortsetzung der großen Koalition wie gehabt – mit ihr geht es nur weiter abwärts.

Bernhard Schlink, Klaus Staeck