Aktuell:
13.01.2022
Kirill Serebrennikow erhielt überraschend befristete Ausreise für die Endproben des Stücks „Der schwarze Mönch“ am Hamburger Thalia Theater
Der jahrelang unter Hausarrest stehende Theater- und Opernregisseur konnte am 8. Januar für die letzten Proben vor der Premiere am 22. Januar 2022 nach Hamburg reisen. Der erste Teil der Proben fand mit den Schauspielern in Moskau statt. Serebrennikow bereitete in den zurückliegenden vier Jahren meist nur über Zoom seine Inszenierungen im westlichen Ausland vor.
In einem Interview für „DIE ZEIT“ vom 13.01.2022 wollte Serebrennikow seine Situation nicht mit der Wolf Biermanns 1976 vergleichen, der nach der Ausreisegenehmigung für ein Konzert ausgebürgert wurde: „Man will, dass ich nach Russland zurückkehre – also mache ich das. Ich finde es wichtig, sich an Regeln und Gesetze zu halten. Das schützt mich und es schützt die Menschen, die mir geholfen haben, zu überleben – und die auch diese Reise ermöglicht haben, durch Unterschriften oder die richtigen Papiere. Vor diesen Menschen habe ich eine Verantwortung , und die nehme ich ernst. So wie ich in der Kunst Verantwortung trage für alle, die mit mir arbeiten.“ Serebrennikow sagte, er habe sich nie politisch engagiert. „Ich wollte immer nur das tun, was ich tun wollte. Diese Freiheit brauche ich. Also bekam ich irgendwann Probleme (…) Ein Leben ohne Kämpfe gibt es nur im Tod.“ Im Verhältnis zur Lage von Künstlern in Ländern wie Iran oder Pakistan, die nicht malen, auftreten oder singen dürfen, seien seine Schwierigkeiten „fast klein und banal.“
05.02.2021
Kirill Serebrennikow muss seine Bühne aufgeben. Vertrag als künstlerischer Leiter des „GogolZentrums“ wird nicht verlängert.
Der „Tagesspiegel“ berichtet mit Verweis auf die Nachrichtenagentur TASS, die Kulturabteilung der Moskauer Stadtverwaltung werde den Ende Februar auslaufenden Vertrag mit Kirill Serebrennikow als künstlerischer Leiter des „GogolZentrums“ nicht verlängern. Frank Herold schreibt in seinem Beitrag:
„Seit fast einem Jahr war Serebrennikow beinahe unsichtbar. Anders als seine Mitangeklagten verzichtete er darauf, das Urteil anzufechten. „Kirill hat diese Gerichte so satt“, sagte sein Anwalt Dmitri Charitonow im Sommer vergangenen Jahres. „Nachdem er zu Unrecht verurteilt worden ist, verfiel er in Depressionen.“ Eine Beschwerde wäre auch sinnlos gewesen. Seine Mitstreiter scheiterten damit wenig später.“
28.06.2020
Schuldspruch für Kirill Serebrennikow
Ein Gericht in Moskau hat den russischen Theater- und Filmregisseur Kirill Serebrennikow wegen angeblicher Unterschlagung öffentlicher Gelder schuldig gesprochen und zu drei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Mehr Informationen in einem Beitrag der Deutschen Welle.
„Das Verfahren gegen Serebrennikow wurde national und international als politischer Schauprozess kritisiert. Beobachter befürchten, dass die Verurteilung Serebrennikows eine Signalwirkung haben könnte.
Der aus Russland ausgewanderte Galerist Marat Guelman vermutet, es würde nun kaum ein Kulturschaffender ‚wagen, ein eigenes Projekt in Russland zu starten‘. Auch der in Berlin lebende Komponist Sergej Newski, der mit Serebrennikow gearbeitet hatte, ist der Meinung, dass die Verurteilung des Regisseurs eine nachhaltige Wirkung für die russische Kultur und deren Wahrnehmung in der Welt haben wird. ‚Diese Verurteilung wird für immer ein Schandflecken auf der Weste der russischen Machthaber sein. Es ist auch erneut vorgeführt worden, dass Kunst und Macht in Russland unterschiedliche Sprachen sprechen‘ „. (DW)
ARTE-Dokumentation Kirill Serebrennikov, Kunst und Macht in Russland
von Katja Fedulova
Kirill Serebrennikov ist einer der produktivsten Film- und Theaterregisseure Russlands. Der Hausarrest konnte ihn nicht von erfolgreichen Neuinszenierungen abhalten. Der Film erzählt, wie Serebrennikov die Bruchstellen der russischen Gesellschaft aufspürt und wie seine Karriere auch ein Spiegel der russischen Kulturpolitik ist.
Am 8. April 2019 wurde nach anderthalb Jahren der Hausarrest gegen den russischen Regisseur Kirill Serebrennikov überraschend aufgehoben. Serebrennikov darf jedoch weiterhin die Stadt nicht unerlaubt verlassen. Ein Prozess wegen des fadenscheinigen Vorwurfs der mutmaßlichen Veruntreuung öffentlicher Mittel steht nach wie vor aus.
DIE ZEIT, 7.11.2018: „Einen schlagen, alle treffen“
Der Prozess gegen den Regisseur Kirill Serebrennikow stellt die russischen Künstler vor eine entscheidende Frage: Wie leben, wie arbeiten in Putins System? Autorin: Alice Bota
Die Aktion für mehr Demokratie unterstützt die von Thomas Ostermeier & Marius von Mayenburg initiierte Petition zur Freilassung des russischen Regisseurs Kirill Serebrennikov.
Sie ist an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Sigmar Gabriel sowie an den Hauptadressaten Wladimir Putin gerichtet und hat folgenden Wortlaut:
Wir protestieren gegen die Verhaftung von Kirill Serebrennikov. Die Vorwürfe gegen ihn sind unhaltbar und lassen erkennen, dass hier ein international renommierter Regisseur mundtot gemacht werden soll.
Serebrennikov wird vorgeworfen, Gelder mittels einer nie stattgefundenen Inszenierung von Shakespeares „Sommernachtstraum“ veruntreut zu haben. Videoaufnahmen, Rezensionen, Zuschauerberichte auf Facebook, Gastspiele in Riga und Paris, eine Nominierung für den Russischen Nationaltheaterpreis „Golden Mask“ und nicht zuletzt der Spielplan des Gogol Center in Moskau beweisen, dass dieser Vorwurf absurd ist. Dennoch drohen Serebrennikov eine Verurteilung und bis zu zehn Jahre Gefängnis.
Unverhältnismäßig ist auch der Hausarrest, der bis Prozessbeginn über ihn verhängt wurde. Serebrennikov muss eine Fußfessel tragen, darf Internet und Email nicht nutzen und nur nahe Familienangehörige empfangen. Das bedeutet nichts anderes als Kontaktsperre, Vorverurteilung und Arbeitsverbot für einen der berühmtesten russischen Gegenwartskünstler.
Wir fordern die russische Staatsanwaltschaft auf, die Strafverfolgung gegen Kirill Serebrennikov einzustellen und die fadenscheinigen Vorwürfe gegen ihn fallenzulassen.
An unsere Regierungsvertreter richten wir den Appell, aufs Schärfste darauf zu drängen, dass Serebrennikov nicht als Opfer eines politisch motivierten Rufmords im Gefängnis landet.