SPD-Mitgliederentscheid: Ja zu einer Großen Koalition

4.3.2018
Die Mitglieder SPD haben mit einer Mehrheit von 66 Prozent für den Eintritt in eine neue Große Koalition gestimmt.
„Wir haben jetzt Klarheit: Die SPD wird in die nächste Bundesregierung eintreten“, sagte der kommissarische Parteichef Olaf Scholz nach Bekanntgabe des Ergebnisses.
Insgesamt wurden 378.437 Stimmen abgegeben. Stimmberechtigt waren 463.722 Mitglieder. Die Beteiligung lag damit bei 78,39 Prozent. 239.604 Mitglieder stimmten mit Ja, 123.329 mit Nein. Nach 161 Tage seit der Bundestagswahl geht damit die bislang längste Regierungsbildung in die Endphase.
Die Wahl der Kanzlerin ist für den 14. März im Bundestag geplant.

Entwurf des Koalitionsvertrages vom 7.2.2018 (pdf-Dokument, 2,3 MB)

Aufruf zur Geschlossenheit in der SPD

vom 13.2.2018

Wir haben uns im Bundestagswahlkampf für die SPD engagiert.
Wir haben das aus Überzeugung und unter Einsatz unserer persönlichen Glaubwürdigkeit getan. Wir unterstützen die SPD, weil sie für eine bessere, solidarischere Gesellschaft eintritt.
Das setzt voraus, dass auch innerhalb der SPD solidarisch und fair miteinander umgegangen wird. Davon ist in den letzten Tagen aber kaum mehr etwas zu spüren. Einzelne stellen ihre persönlichen Ambitionen und ihr Ego über die Interessen der Partei.
Wir appellieren an alle Beteiligten, vom Bundesaußenminister bis zum einfachen Mitglied, diese internen Kämpfe zu beenden und keine weiteren Personaldebatten zu betreiben.
Es geht jetzt darum, die Sozialdemokratie nicht weiter zu spalten, sondern darum gemeinsam zu Handeln. Der Blick muss auf die Inhalte und die Bewertung des Koalitionsvertrages gerichtet werden. Alles andere schadet der Partei, der Glaubwürdigkeit der Politik und der demokratischen Kultur in unserem Land.
Wir fordern daher alle auf, ihre persönlichen Interessen zurückzustellen und eine offene, inhaltliche Debatte zu ermöglichen. Die SPD-Spitze muss schnellstmöglich klare Verhältnisse schaffen und wieder geschlossen auftreten. Nur so kann der bevorstehende Mitgliederentscheid konstruktiv stattfinden. Und nur so wird die SPD wieder zu dem, was wir den Menschen im Wahlkampf versprochen haben:
Eine intakte, starke Wertegemeinschaft für eine bessere, solidarischere Gesellschaft. Eine Wertegemeinschaft, die auch nach innen lebt, was sie nach außen fordert.

Iris Berben • Peter Brandt • Fred Breinersdorfer • Christian Dechant • Judit Döker • Vivi Eichelberg • Uwe Fahrenberg-Petersen • Verena Hubertz • Kirsten Klöckner • Marco Kreuzpaintner • Sebastian Krumbiegel • Eva Menasse • Hans-Werner Meyer • Christin Meyer • Alfonso Pantisano • Ina Paule Klink • Anton Rahlwes • Clemens Schick • Antje Schlag • Klaus Staeck • Eleonore Weißgerber • Patrick Winczewski

Johano Strasser
Von Mitteln und von Zwecken. Wohin geht der Weg der Sozialdemokratie?
(am 7. Februar 2018 in der Frankfurter Rundschau veröffentlicht)

Heute ist überall in der SPD von Erneuerung die Rede. Die einen meinen, dass sie nur in der Opposition erfolgen könne, die anderen halten sie auch dann für notwendig und möglich, wenn die SPD weitere vier Jahre in der Großen Koalition mitregiert. Aber kaum jemand fragt, wie denn die Erneuerung der SPD aussehen sollte, was sich wie ändern müßte. Geht es um die Verjüngung der Basis und des Spitzenpersonals, geht es um die organisatorische Straffung der Parteiarbeit, um die Digitalisierung der innerparteilichen Willensbildung oder um ein bloßes Facelifting, um einen neuen, einen „moderneren“ Auftritt im Internet? Oder braucht die SPD wieder einmal ein neues Grundsatzprogramm, weil das geltende, das Hamburger Programm von 2007 nicht mehr auf der Höhe der heutigen Probleme ist? (weiterlesen)

Erklärung des SPD-Generalsekretärs Lars Klingbeil vom 9. Februar 2018:

„Martin Schulz hat sich in den vergangenen Monaten für die SPD aufgeopfert. Sein wichtigstes Ziel war immer, einen Aufbruch in der Europapolitik zu gestalten. Nun stellt er seine persönlichen Ambitionen zurück zum Wohle der Sozialdemokratie. Das verdient unseren Respekt. Wir werden in der SPD nun offen und ehrlich die Inhalte des Koalitionsvertrages diskutieren. Wir haben die Möglichkeit, das Leben der Menschen ganz konkret zu verbessern. Die SPD muss zeigen, dass sie das Vertrauen der Menschen verdient. Und das geht am besten durch gute Politik und konkrete Verbesserungen für die Menschen in unserem Land.“

Erklärung des SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz vom 9. Februar 2018

„Der von mir gemeinsam mit der SPD-Parteispitze ausverhandelte Koalitionsvertrag sticht dadurch hervor, dass er in sehr vielen Bereichen das Leben der Menschen verbessern kann. Ich habe immer betont, dass – sollten wir in eine Koalition eintreten – wir das nur tun, wenn unsere sozialdemokratischen Forderungen nach Verbesserungen bei Bildung, Pflege, Rente, Arbeit und Steuer Einzug in diesen Vertrag finden. Ich bin stolz sagen zu können, dass das der Fall ist. Insbesondere ist die Neuausrichtung der Europapolitik ein großer Erfolg. Umso mehr ist es für mich von höchster Bedeutung, dass die Mitglieder der SPD beim Mitgliedervotum für diesen Vertrag stimmen, weil sie von dessen Inhalten genauso überzeugt sind, wie ich es bin.
Durch die Diskussion um meine Person sehe ich ein erfolgreiches Votum allerdings gefährdet. Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung und hoffe gleichzeitig inständig, dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind. Wir alle machen Politik für die Menschen in diesem Land. Dazu gehört, dass meine persönlichen Ambitionen hinter den Interessen der Partei zurück stehen müssen.“

Interview von 3-Sat“Kulturzeit“ mit Klaus Staeck anlässlich der Ausstellung „Sand ins Getriebe“ im Museum Folkwang Essen zum Ergebnis der Koalitionsverhandlungen am 7. Februar 2018 (Beitrag nicht mehr in der Mediathek)