Rede von Martin Pollack

per ZOOM am 6. März 2022 zur Demonstration auf dem Berliner August-Bebel-Platz eingespielt

Screenshot der ZOOM-Aufnahme für die Demonstration am 6. März 2022 auf dem Berliner August-Bebel-Platz

Der polnische Publizist und ehemalige Dissident Adam Michnik hat vor kurzem zum Krieg in der Ukraine gesagt, „heute müssen wir klar und offen eines sagen: wir sind alle Ukrainer!“
Dem möchte ich mich aus ganzem Herzen anschließen. Putin erklärt in diesen Tagen, Russland müsse sich verteidigen, Russland müsse seine Bürger im Donbas schützen, Russland müsse die Ukraine entnazifizieren – was immer er damit meint. Diese alles auf den Kopf stellende Täter-Opfer-Umkehr, die kennen wir aus unserer eigenen Geschichte. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich stamme aus einer Familie überzeugter Nationalsozialisten. Mein Vater war ein Täter, so wie es heute in Russland viele Täter gibt, der sich im wahrsten Sinne des Wortes die Hände blutig gemacht hat und unbewaffnete Zivilisten, Polen, Slowaken vor allem aber Juden ermordet hat. Das Narrativ in meiner Familie auch nach 1945 lautete ganz ähnlich wie das von Putin heute: Wir sind die Opfer, wir müssen uns zur Wehr setzen! Die anderen, die Juden und die Polen, die Russen sind die Aggressoren, die uns den Krieg aufzwingen.
So lügt auch Putin der Welt heute schamlos ins Gesicht. Und es gibt in unseren Ländern immer noch Menschen, Politiker, Vertreter der Wirtschaft, die Verständnis für ihn äußern. Diese Leute, unsere Politiker, haben Putin zu lange, viel zu lange, hofiert. Nicht, weil sie den Frieden bewahren möchten, weil sie Brücken bauen möchten, wie sie gern behaupten, sondern aus blanker Gier. Weil sie lukrative Geschäfte machen wollen. Diese Geschäfte haben sie jahrelang betrieben und wir haben ihnen dabei zugeschaut, wir haben nicht oder viel zu leise dagegen protestiert. Damit muss Schluss sein. Das dürfen wir nicht länger hinnehmen. Das sind wir unseren ukrainischen Freunden schuldig. Gerade heute, da Putin die Ukraine mit einem vernichtenden Krieg überzieht, da dort Zivilisten, Frauen, Kinder und Alte ermordet werden. Denn, diese Menschen in der Ukraine, sie kämpfen auch für uns. Sie kämpfen für unsere Freiheit, für die Demokratie. Sie kämpfen für die ganze freie Welt.
Europa, die ganze Welt, muss endlich erwachen. Solidarität mit der Ukraine. Slava Ukrajini!